Selam: Durch die Blume gesagt

"Liebst du mich?" Diese Frage ist in der Blumensprache mit der Margherite verbunden.

Kennt ihr den Ausdruck: Etwas durch die Blume sagen? Vor 300 Jahren kam es in Europa in Mode, sich durch das Verschenken von Rose, Veilchen [&] Co. Botschaften zu schicken, die ganz ohne Worte und Gesten auskamen. Bis heute überdauert hat die rote Rose als Liebessymbol.

Schon im alten China gab es eine Blumenschrift. Und auch die Ägypter und Griechen ließen Pflanzen sprechen. So stand etwa Weinlaub für Lebensfreude, Walnuss für Weisheit und Lorbeer für Ruhm.

Die Sprache des Harem

Die stark verfeinerte Version wurde in den orientalischen Harems entwickelt, wo die Ehefrauen und Geliebten des Sultans unter einem Dach wohnten. Die orientalische Blumensprache nannte man Selam (Selamlik war der den Besuchern zugängliche Teil der orientalischen Häuser). Sie hatten kaum Kontakt zur Außenwelt und schickten deshalb verschlüsselte Botschaften in Blumenform.

Vielschichtiger Code

Das Verständigen per Blume hatte einen ganz praktischen Sinn: Da man nicht alles offen aussprechen durfte, griff man auf verschiedene Blüten zurück, denen jeweils eine bestimmte Bedeutung zugeordnet wurde. Daraus entstand ein regelrechter Code, zu dessen Entschlüsselung man die Botschaft einzelner Blumen kennen und erlernen musste wie eine Fremdsprache.

Modewelle in Europa

Dass "Selam" im 18. Jahrhundert Europa eroberte, ist nicht verwunderlich. Der Orient war damals ganz groß in Mode und der Adel und wohlhabende Bürger liebten alles, was aus dem sagenumwobenen Morgenland kam – so auch die Blumensprache.

 

Flieder, Tulpen, Margheriten

Ganz entscheidend war zunächst natürlich die Wahl der Blumen und Kräuter. Wer beispielsweise Flieder verschenkte, war sich seiner Sache nicht ganz sicher. „Wirst Du mir treu sein?“ bedeutete das. Die Frage: „Liebst Du mich?“ war mit der Margherite verbunden. Mit geflammten Tulpen wurden die schönen Augen der Geliebten gepriesen, wohingegen man mit Schilf forderte: „Entscheide Dich endlich!“. 

 

Veilchen und Kastanienblüten

Wer zu stark klammerte, wurde mit einer Klette beschenkt. "Du bist mir zu anhänglich!“ hieß das in der Blumensprache.  Die Gladiole hingegen bedeutete: „Ich möchte mich mit Dir verabreden!“  Veilchen verhießen Treue, wohingegen Kastanienblüten stellvertretend fragten: „Kannst Du mir verzeihen?“ Auch Ortsangaben wurden durch die Blume ausgetauscht. Wer eine Geranie erhielt, wusste, dass ihn der Geliebte an bekannter Stelle erwartet.

Rose: Die Königin aller Blumen

Richtig kompliziert wurde die Blumensprache mit der Rose, der Königin aller Blumen. Denn hier verhieß jede Sorte, jede Farbe und die Anzahl der zum Strauß gesteckten Blumen etwas anderes. Die rote Rose sagte damals wie heute „Ich bin verrückt nach Dir!“  Mit zehn Rosen bedankte man sich, die gelbe Rose war zum Entschuldigen da, die weiße zum Offenbaren einer heimlichen Liebe. Bedingungslose Hingabe drückte man mit 50 Rosen aus.   

Warum sagt man "Jemandem einen Korb geben"?

Bei einem Blumengeschenk zählte jede Kleinigkeit: Jede Kleinigkeit zählte War die Schleife eines Blumenstraußes links oder rechts gebunden? Hatte die Blume Dornen und Blätter oder nicht? Zeigte der Blumenstrauß bei der Übergabe nach oben oder unten?! Wer Blumen in einem Korb erhielt, hatte nichts Gutes zu erwarten. Meist waren darin Löwenmäulchen oder Jungfer im Grünen, mit denen man einen Bewerber ablehnte. Daher heute auch noch die Redewendung "Jemandem einen Korb geben".

Lexika für Blumensprache

Ihr seht: Die Blumensprache ist ein umfangreiches Zeichensystem, das nur Eingeweihte verstanden. Und sie funktionierte nur, wenn beide Seiten den gleichen Code verwendeten. Zwar gab es damals in jedem besseren Haushalt ein Lexikon der Blumensprache, doch es existierten mehrere Versionen, so dass auch für bestimmte Blumen unterschiedliche Bedeutungen im Umlauf waren.