Der Herbstzug der Grauen Kraniche

 

 

Kraniche auf ihrem Flug in den Süden zu beobachten ist ein einzigartiges Naturschauspiel.

Jedes Jahr im Oktober und November können Naturfreunde an vielen Orten Deutschlands das großartige Schauspiel ziehender Kraniche am Himmel beobachten. Zunächst versammeln sich die Tiere alle an einem Platz und ziehen dann gemeinsam tagsüber weiter. Auf ihrem Flug bleiben sogar Familienverbände zusammen.

Sammeln und fliegen

Von Anfang an ziehen die eleganten Vögel eng gebündelt wie auf einer Luftstraße in Richtung ihres Bestimmungsortes. Diese Art sich Fortzubewegen nennt man Schmalfrontenzug. Auf ihren Zügen nutzen die Kraniche immer wieder traditionelle Flugwege. Unterwegs kennen sie jeden Rast- und Futterplatz. Außerdem orientieren sie sich an Bergen, Kirchtürmen und Binnenseen.

Die größten Kranichsammelplätze bei uns liegen in der Rügen-Bock-Region am vorpommerschen Bodden. Hier rasteten bereits Anfang Oktober rund 40.000 Vögel. Außerdem kann man an der unteren Oder, an der Mecklenburgischen Seenplatte, im Rhinluch und im Havelländischem Luch sowie seit einigen Jahren auch in der Oberlausitz Kraniche auf ihren Zwischenstopps beobachten.

Schneller, energiesparender Formationsflug

Die Vögel können ihre Reisegeschwindigkeit von durchschnittlich 60 Stundenkilometer auf bis maximal 115 Stundenkilometer bei Rückenwind erhöhen. Allerdings versuchen Zugvögel nicht so schnell wie möglich zu fliegen. Sie müssen bei den langen Flugstrecken vielmehr versuchen, Kräfte zu sparen. Deshalb fliegen die Kraniche auch in einer V-förmigen Formation mit kräftigen, erfahrenen Tieren an der Spitze. Es folgen Familien mit durchschnittlich zwei Jungtieren.

Bei guten Flugbedingungen könnten die Tiere ohne Halt bis nach Südeuropa fliegen. Sie legen aber oft eine Pause ein und manches Mal hält sie schlechtes Wetter und Nebel tagelang am Boden.

Innere Uhr

Jedes Jahr im Herbst machen sich die Vögel wieder auf die Reise, weil sie der Kälte und Nahrungsknappheit im Norden entgehen wollen. Wann sie losfliegen müssen, wissen sie instinktiv. Dank dieser inneren Uhr machen die Kraniche zu jeder Jahreszeit das Richtige: Erst paaren sie sich, dann ziehen sie ihre Jungen auf, fressen sich ein Polster für den langen Flug im Vogelzug an und schließlich starten sie pünktlich Richtung Süden, um zum Winterquartier zu kommen bevor es zu kalt wird.

Die Flugroute über Deutschland

In den frühen Morgenstunden brechen die Kranichschwärme bei günstiger Witterung auf. Sie ziehen am Harz vorbei, erreichen dann das Weserbergland, Thüringen und Oberhessen. Weiter geht es Richtung Südwest, teils entlang des Rheins mit Bonn als Kreuzungspunkt. In den Nachmittags- und Abendstunden überfliegen die Kraniche Rheinland-Pfalz und Hessen und ziehen dann über das Rhein-Main-Gebiet weiter Richtung Frankreich und Spanien.

Extremadura als Winterquartier

Auf dem westeuropäischen Zugweg treffen sich Kraniche aus Mitteleuropa, Skandinavien, dem Baltikum und Weißrussland. Sie überwintern allesamt in Frankreich, Spanien und zu einem geringen Teil in Nordafrika und Portugal. Die meisten Kraniche - etwa 50.000 - haben ihr festes Winterquartier in der Extremadura in Westspanien. Hier ernähren sie sich von den Früchten der Stein- und Korkeichen.

Beobachtet selbst Zugvögel!

Wer selbst abheben möchte, kann den Grauen Kranichen im Internet folgen. Auf Kranichzug werden einzelne Vögel, die mit Farbringen und Sendern ausgestattet sind, ausführlich vorgestellt.  Bei www.birdwatch.de sind Hobby-Ornithologen, also Vogelkundler, gefragt! Du hast selbst Zugvögel beobachtet? Dann melde sie bei Birdwatch. Die Initiative des NABU sammelt die Daten und kann mit Deiner Hilfe eine noch flächendeckendere Karte der Zugvögel in Deutschland erstellen.