Krone gegen Kirche

Sicher habt ihr schon einmal vom "Gang nach Canossa" gehört. Heute wird dieser Ausdruck im übertragenen Sinne für einen erniedrigenden Bittgang verwendet.

Eine Abbildung Henrichs IV., der den Bußgang nach Canossa antreten musste. Quelle: © Public Domain

 

Das 11. und 12. Jahrhundert waren von schweren Auseinandersetzungen zwischen Krone und Kirche geprägt. König Heinrich IV. und Papst Gregor stritten besonders heftig über die Herrschaft in Kirchenfragen. Konkret ging es um die Frage, ob nur das Oberhaupt der katholischen Kirche oder auch Könige Bischöfe einsetzen dürfen. In der Geschichtswissenschaft nennt man diese Diskussion Investiturstreit. 

Der Streit spitzt sich zu

Die Diskussion erreichte ihren ersten Höhepunkt, als der Papst 1075 damit drohte, Heinrich aus der Kirche zu verbannen, wenn er weiter Bischöfe ernenne. Doch Heinrich ließ sich von der Drohung nicht beirren - im Gegenteil. Auf Betreiben des jungen Königs erklärten die empörten deutschen Bischöfe daraufhin Papst Gregor VII. für abgesetzt.  

Was bedeutet Exkommunikation?

Daraufhin machte wiederum der Papst ernst. Am 14. Februar 1076 sprach er die sogenannte Exkommunikation gegen Heinrich aus. Das kam für einen Menschen im Mittelalter einer Katastrophe gleich. Denn wer exkommuniziert wurde, gehörte nicht mehr zur kirchlichen Gemeinschaft und hatte keinen Anspruch mehr auf die letzte Ölung oder das kirchliche Begräbnis auf einem Friedhof. Die Hoffnung auf ein ewiges Leben und eine Auferstehung nach dem Tode wird damit eingebüßt. Außerdem galt man als vogelfrei und hätte von jedem getötet werden können.

Von Speyer nach Canossa

Heinrich blieb keine Alternative: Um die Aufhebung der Exkommunikation zu erreichen, musste er mit seinem Gefolge von Speyer nach Canossa ziehen. Zwei volle Tage harrte er im Büßerhemd vor den Toren der Burg aus bis der Papst die Verbannung auflöste. Die Buße war ein formal streng vorgeschriebener Akt, den Heinrich ausführte und die der Papst nicht ablehnen konnte. Ein geschickter Schachzug: Der König hatte seine Ehre als Christ wieder hergestellt und neue Freiheit erlangt. Heinrich sollte Gregor später sogar aus Rom vertreiben und unter einem anderen Papst zum Kaiser werden. 

Ende des Investiturstreits

Langfristig schwächte der Gang nach Canossa die Stellung des Königtums. Die Aktion hatte Gregor bestärkt, dass nur der Papst das Richteramt über die weltlichen Fürsten hat. Der Investiturstreit war mit dem Gang nach Canossa noch nicht abgeschlossen, sondern ging erst 1122 mit dem sogenannten Wormser Konkordat zu Ende. König Heinrich V. verzichtete darin auf die Bischofsinvestitur, Papst Clemens III. musste sich im Gegenzug einverstanden erklären, dass der König oder einer seiner Berater bei Bischofswahlen anwesend ist und seinen Einfluss ausüben kann.

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